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Nicole und Stefanie Dirnberger sind Cousinen und beste Freundinnen. Die 17- und die 18-Jährige verbringen fast jede Minute ihrer Freizeit zusammen, singen im Chor, besuchen Konzerte, fahren zu Skispringen. Doch die gemeinsamen Ausflüge sind für die Schülerinnen nicht selten mit Hürden gepflastert: Nicole wurde mit einem offenen Rücken geboren und kann längere Strecken nicht ohne Rollstuhl bewältigen.
Nun wollen die Teenager dagegen ankämpfen, dass sich Nicole wegen ihrer Beeinträchtigung mit bösen Blicken und bissigen Kommentaren herumschlagen muss, dass bei Konzerten offenbar nur schlechte Plätze gut genug sind und dass sich Stefanie oft ohne Hilfe beim Schieben des Rollstuhls plagt. Nicole und Stefanie haben die Facebook-Seite "Handicap als Chance" gestartet und wollen sich und anderen helfen.
OÖN: Eine Facebook-Seite gegen die Diskriminierung von Menschen mit Beeinträchtigung – braucht es das heute noch?
Beide: Definitiv. Nicole: Jeder hat das Recht auf ein selbständiges Leben. Ich muss mich jeden Tag durchkämpfen. Ich bin jetzt an einem Punkt, wo ich einfach aufrütteln möchte. Stefanie: Auslöser war, dass wir in Darmstadt ein Festival besuchen wollen. Nicole darf als Rollstuhlfahrerin nicht auf das Gelände. Nicole: Ich wollte das nicht akzeptieren, habe mich beim Veranstalter immer wieder per Mail gemeldet und gesagt, dass ich das als ziemlich verletzend empfinde.
Wo gibt es weitere Hindernisse im Alltag für Rollstuhlfahrer?
Nicole: Wenn ich allein bin, wüsste ich nicht, wie ich aus dem Haus komme. In unserem Haus gibt es sechs Stufen zum Aufzug. Ich kann alleine nicht in den Bus einsteigen. Stefanie: Das fängt bei jedem Randstein an, der nicht abgeflacht ist. Oder bei Löchern im Kopfsteinpflaster. Ich muss den Rollstuhl immer wieder kippen, um voranzukommen. Und viele Leute schauen zu, wenn wir Hilfe bräuchten. Nicole: Die Leute wissen nicht, wie sie anpacken sollen. Da machen sie lieber nichts, bevor sie etwas falsch machen. Mir ist lieber, ich werde angesprochen als blöd angeschaut.
Die Seite heißt "Handicap als Chance". Sehen Sie denn Ihre Beeinträchtigung auch positiv?
Nicole: Ja. Denn wenn ich mein Handicap nicht hätte, wäre ich nicht der Mensch, der ich bin. Es macht mich stärker. Ich werde schon einen Weg finden, ein erfülltes Leben zu haben.
Und Darmstadt? Konnten Sie eine Lösung finden?
Nicole: Ja! Plötzlich war viel möglich. Ich werde in der ersten Reihe stehen und den Sänger treffen. Stefanie: Wir haben’s geschafft! Wir sind überglücklich! Das hat uns Mut gemacht. Ich hatte Tränen in den Augen, als ich es erfuhr. Nicole: Das zeigt: Wenn man sich engagiert, ist vieles möglich.
Die Facebook-Seite „Handicap als Chance“ finden Sie unter facebook.com

(von OÖN, Artikel: Rolli-Fahrerin Nicole: "Jeder blöde Blick tut weh", 12.04.2014)